(De) Déjà-vu. Das Gefühl, eine soeben durchlebte Situation schon einmal erfahren zu haben. Innere Bilder scheinen für einen kurzen Augenblick auf, doch verschwinden schon wieder, bevor wir sie noch klarer fassen können. Der Geist greift nach einem Fetzen und hält dann wie an einem Faden daran fest, der ihn zurück führt zu der gerade noch erinnerbaren Erscheinung, und der ihn hinein führt in das Labyrinth der inneren, wiederbelebbaren, möglichen Bilder. Die Zeichnungsfolge “A drawing that …
(De) Déjà-vu. Das Gefühl, eine soeben durchlebte Situation schon einmal erfahren zu haben. Innere Bilder scheinen für einen kurzen Augenblick auf, doch verschwinden schon wieder, bevor wir sie noch klarer fassen können. Der Geist greift nach einem Fetzen und hält dann wie an einem Faden daran fest, der ihn zurück führt zu der gerade noch erinnerbaren Erscheinung, und der ihn hinein führt in das Labyrinth der inneren, wiederbelebbaren, möglichen Bilder. Die Zeichnungsfolge “A drawing that illustrates my last show at Meyer Riegger Karlsruhe” von Jonathan Monk erscheint bei diesem Gedanken als Metapher. Wie der Faden der Ariadne scheint sich Monks Linie auf dem Papier durch die Räume der Galerie Meyer Riegger zu schlängeln, die Pfade seiner hier 1999 realisierten Ausstellung nachzeichnend. Doch der Künstler belässt es nicht bei einer Route, die ihn durch die Räumlichkeiten führt. Obwohl der Weg zwischen Ein- und Ausgang klar vorgezeichnet ist, skizziert Monk Schlaufen und Einstülpungen, die den Pfad mal erweitern, mal verkürzen. Der Weg durch die Ausstellung ist nie direkt wiedergegeben, auch wenn die Linie einen kontinuierlichen Verlauf verheißt. Dem Faden durchs Labyrinth zu folgen, bedeutet also nicht zwangsläufig, der Geradlinigkeit Folge zu leisten. Der Blick schwirrt aus, bleibt haften an einem Moment, an einem Bild, einer Installation, einer Skulptur, die Jonathan Monk hier 1999 platziert haben mag. Und der Blick kann auch zurück kehren, sich wiederholt Anblick verschaffen von einer Situation im Raum, wie sie sinnbildlich als Déjà-vu beschrieben wurde. Diesmal aber unmittelbar gewollt, beabsichtigt, sich also gezielt durch ein Innehalten und Wiederkehren das bereits Gesehene erneut vors Auge holend. In dieser Weise zeigt sich auch die aktuelle Ausstellung in der Galerie Meyer Riegger in Karlsruhe. Jonathan Monks Zeichnung “A drawing that illustrates my last show at Meyer Riegger Karlsruhe” wirkt in der Konzeption der Gruppenausstellung sinnstiftend, wie der Titel der Schau verrät: Denn alle nun bei Meyer Riegger in Karlsruhe gezeigten Arbeiten waren hier schon einmal ausgestellt, und zwar an genau jener Stelle, wo sie der Besucher jetzt sehen kann. Die Ausstellung beschreibt eine zeitliche und räumliche Überlagerung. Einzelne Bildmomente leuchten punktuell auf, wie das situativ Erinnerte, und sie fügt zugleich das, was als Erinnertes erscheint, in einem neuen Kontext zusammen. Zeit- und Raum-Ebenen schieben sich ineinander. Der jeweils herausgegriffene Moment gibt dabei Anlass, sich zu entsinnen: an die entsprechend besuchte Ausstellung, an die vormalige Betrachtung einer Arbeit, an das eigene Verorten und Einordnen von Bildern in unserem geistigen Archiv und an das facettenhafte Hervorholen solcher Bilder aus der Erinnerung. Wie in einem Kristall fügen sich die Versatzstücke des Betrachtens hier zusammen: Unter einer leicht verschobenen Perspektive schieben sich die Ansichten aufs Neue ineinander, stets der Variation im Ganzen Raum gewährend. Ähnlich, wie Jonathan Monk die Verlaufslinien seiner vergangenen Ausstellung als Möglichkeiten nachzeichnet, die sich situativ und individuell ausdehnen, geht das wiederholte Betrachten also einher mit der Möglichkeit, das schon einmal Gesehene nicht zwangsläufig als Doppelwahrnehmung, sondern als Nuance für eine Route zu begreifen, von der aus sich der nächste Raum wieder ganz spezifisch ereignen, zeigen und vorm inneren Auge abzeichnen kann.
Christina Irrgang