(De) Gedanken bei einer innerlichen Bewegung durch die Bildräume von Anna Lea Hucht Eintritt in einen Raum aus Farbe. Dieser Raum besteht zunächst aus Flächen und sich davon ablösenden Formen, Körper der Fantasie, die sich als lose Gestalten entfalten und das räumliche Ausdehnen durch ihre Konturen beschreiben. Abstrakte, fallende Kreise, dann sich verschränkende Prismen, ein tanzendes gelbes Kreuz. Sie treten auf als phantomhafte Akteure, wie Bilder, die sich vor geschlossenen Augen offenbaren, …
(De) Gedanken bei einer innerlichen Bewegung durch die Bildräume von Anna Lea Hucht Eintritt in einen Raum aus Farbe. Dieser Raum besteht zunächst aus Flächen und sich davon ablösenden Formen, Körper der Fantasie, die sich als lose Gestalten entfalten und das räumliche Ausdehnen durch ihre Konturen beschreiben. Abstrakte, fallende Kreise, dann sich verschränkende Prismen, ein tanzendes gelbes Kreuz. Sie treten auf als phantomhafte Akteure, wie Bilder, die sich vor geschlossenen Augen offenbaren, wenn das Sonnenlicht die Lider streift: ein Flackern, Fackeln und Entspringen unerwarteter Innerweltlichkeit. Die Innerlichkeit, die wir gelegentlich beim Vorstellen fiktiver Situationen dann bildhaft umreißen, findet sich hier, in der Erweiterung der Farbe zum Gegenständlichen, im Interieur wieder. In einer Situation des Alleinseins, des Träumens, des Vergessens, Entsinnens und Vereinens. Rückzug: die Gedanken greifen aus. Masken und Kostüme, Relikte und Artefakte ferner Reisen helfen dabei. Die fremden Formen tragen den Geist, nehmen ihn mit an Orte, die er schon erfahren hat, oder stets und wiederkehrend ersehnt. Gesten, Gebärden, Haltung und Platzierung von Gegenständen, die räumliche Anhaltspunkte für die Abwesenheit des Erinnerten, Erdachten oder Erträumten bieten. Die Ordnung von Raum kristallisiert als Form, die das Gemüt spiegelt: Fragmente, die den Korpus des Sichtbaren bilden. Herausgegriffen aus dem Ganzen, zeigen sie Sichtachsen, die sich einzig auf den Ausschnitt konzentrieren wollen. Schneiden aus, kreisen ein, stellen frei, öffnen das in sich Geschlossene zu einer Welt, die auf Vorstellung basiert, auf Ergänzung, die aus dem Wollen und Sehnen entsteht. Was vermag diese Welt zu zeigen? Blau leuchtende Augen, rot leuchtende Münder. Und Leerstellen, in der sich alle Farbmengen zu weißen Ovalen verdichten. Öffnungen, die ein Licht des Unsichtbaren frei geben, das sich erst im Kontrast und in der Beleuchtung der lichtbrechenden Fläche offenbart. Wie Fenster und Türen, die im Dunkeln ihre Durchlässigkeit in leuchtende Hohlräume verkehren. Aber dann der Vorhang des Realen, der diese Durchsicht wieder verdeckt und den Blick zurück wirft auf das, was da zu sein scheint. Die unmittelbare Präsenz der Gegenstände, minimal und geradlinig. Objekte, augentäuschend, als seien sie real. Im detailgetreuen Nachzeichnen ihrer Textur nähert sich ihr Körper und ihre Oberfläche einer Sichtbarkeit, die doch Illusion bleibt, bleiben muss. Es ist wie bei einem Traum, aus dem wir wegen seiner Echtheit erwachen, weil wir ahnen und hoffen, dass wir doch nur Teil eines Gedankenspiels sind, dessen Regie wir selbst übernehmen.
Christina Irrgang