(De) Zu einem möglichen Ursprung gehen Anmerkungen zu Korpys/Löffler Korpys/Löffler befragen Geschichte mit dem Blick auf ihre Relevanz für die Gegenwart, so ist es an einigen Stellen der “Organisation”1, der fast 1000-seitigen Anthologie ihrer künstlerischen Praxis im Zeitraum von 1990 bis 2005, zu lesen – und umschauend auch zu bekräftigen. Die Arbeit an Themen, die unser Denken zurück führen zu einer Auseinandersetzung mit den Spuren des Nationalsozialismus oder der RAF, die an …
(De) Zu einem möglichen Ursprung gehen Anmerkungen zu Korpys/Löffler Korpys/Löffler befragen Geschichte mit dem Blick auf ihre Relevanz für die Gegenwart, so ist es an einigen Stellen der “Organisation”1, der fast 1000-seitigen Anthologie ihrer künstlerischen Praxis im Zeitraum von 1990 bis 2005, zu lesen – und umschauend auch zu bekräftigen. Die Arbeit an Themen, die unser Denken zurück führen zu einer Auseinandersetzung mit den Spuren des Nationalsozialismus oder der RAF, die an radikale Utopien in der Sowjetunion erinnern oder mit der Untersuchung zeitgenössischer politischer Machtzentren Amerikas den Blick auf aktuellere Entwicklungen richten, bildet eine Substanz, die von persönlichen Berührungspunkten der Künstler mit diesen Themen ausgeht. Zugleich bieten diese kristallisierten Berührungspunkte dem Betrachter in einem ungreifbaren Ganzen den Einstieg in ein immer noch grenzenloses, aber spezifiziertes Denken, durch eine sich auffächernde Rekapitulation. Korpys/Löfflers Umgang mit politischen Sachverhalten, die zumeist also den Ausgangspunkt ihrer Arbeiten darstellen, mündet in eine situative Rekonstruktion oder in eine Form des visuellen Reports, der eine Prüfung der Geschehnisse vornimmt, die auf dem Dialogischen basiert. Das Künstlerduo greift in seiner Auseinandersetzung auch die Frage nach dem Vertrauen in Überliefertes auf, bezieht die Angst vor dem Unsichtbaren ein: auf einer Suche nach Wahrheit, oder nach dem, was sich als das als wahr Annehmbare darzustellen vermag. Die Künstler setzen dabei nicht nur auf visuelle Verbildlichung, obgleich das Auge des nach dem Wahren Suchenden seinerseits der Versuchung unterliegt, die Antwort auf das Unsagbare in Bildern oder Bildsequenzen zu verorten. Oftmals scheint Fotografie, und in Folge dessen Film als Medium der Erinnerung zu fungieren. Korpys/Löffler arbeiten in diesen Medien, Film und Fotografie, aber auch mit Zeichnung, Malerei, mitunter Skulptur, und sie fügen ihren aufgezeichneten Blicken auch Text anbei. Sie konstruieren ferner Installationen, die ihrerseits sinnbildlich als räumliche Notiz ihrer zuvor durchgeführten Aktionen und gesammelten Bildmomente erscheinen. Das Aufsuchen und Erkunden von Orten, deren jeweilige soziale Handlungsspuren sie zu benennen suchen, ist Grundlage ihrer Recherche. Korpys/Löffler benennen dabei Situationen, die uns in ihrer bloßen Existenz vielleicht den Atem, ja die Sprache nehmen. Sie machen diese Situationen sinnlich-analytisch fassbar und verleihen uns als Beobachter und Teilnehmer des Gesellschaftlichen im besten Fall ein Gefühl dafür, was es heißt, existenziell berührt zu sein und durch diese innere Bewegung zu einem möglichen Ursprung zu gehen, um selbst Veränderung einzuleiten.
Christina Irrgang, im Juni 2013