(De) Es ist heutzutage eher eine Seltenheit, dass man an einen Künstler gerät, der nicht von seinem Werk zu trennen ist. Eine solche Rarität ist Meuser. Meuser ist nicht Michael, Konrad oder Müller. Meuser ist Meuser! Meuser pöbelt, fordert heraus, umschmeichelt und entblößt dabei mit sehr speziellem Charme. Auch wenn sein recht stringentes und kongruentes Werk bisweilen den Anschein erwecken mag, so ist Meuser deshalb sicher kein Minimalist, sondern vielmehr ein Maximalist der Ambivalenz. Er …
(De) Es ist heutzutage eher eine Seltenheit, dass man an einen Künstler gerät, der nicht von seinem Werk zu trennen ist. Eine solche Rarität ist Meuser. Meuser ist nicht Michael, Konrad oder Müller. Meuser ist Meuser! Meuser pöbelt, fordert heraus, umschmeichelt und entblößt dabei mit sehr speziellem Charme. Auch wenn sein recht stringentes und kongruentes Werk bisweilen den Anschein erwecken mag, so ist Meuser deshalb sicher kein Minimalist, sondern vielmehr ein Maximalist der Ambivalenz. Er oszilliert zwischen trocken polterndem Ruhrgebietsphilosoph und dauergesprächigem, rheinländischem Teppichhändler genauso wie zwischen kalauernder Weltseele und immer leicht grimmigem Großvater. Wo andere sich fragen, wie viel Fassungsvermögen man braucht, um in diesem Spannungsfeld der sich permanent verschiebenden Bedeutungshoheiten einigermaßen bei sich zu bleiben, oder gar als straighte Type zu gelten, da weiß Meuser längst die Antwort: „Herr Ober, zwei Doppelte!“
Es herrscht „Das völlig harmlose Einerseits-Andererseits-Syndrom“. Und vielleicht am wichtigsten: es gibt „Keine Schauspieler, nirgends“. Sein Material mag Schrott sein, seine Waffe ist der Witz.
Bei der Betrachtung seiner Werke kann es da mitunter passieren, dass vorschnell eine Abkürzung genommen wird und man glaubt, dass man es hier mit einem konzeptionellen Schalk, oder mit einem letzten, recht humorbegabten Systempunk zu tun hat. Mit einem, der bereits Aussortiertes mit gesellschaftspolitisch relevanten, oft einfach auch nur albernen Titeln konterkariert, oder in diverse, andere Wechselwirkungen stellt. Dies nur, um uns auf einer Art Metaebene vorzuführen, wie sehr wir dennoch bestrebt sind dieser Nivellierung von Wichtigkeiten, wider besseren Wissens, immer noch einen Mehrwert beimessen zu wollen.
Das einer reizüberfluteten und gelangweilten Wohlstandskultur ab und an ins Gedächtnis zu rufen, ist sicherlich kein Fehler, aber in Meusers Fall wohl knapp an der Wahrheit vorbei.
Sein Werk mag künstlerische Verwandtschaften erahnen lassen. Auch ist es bestimmt nicht frei von Ironie. Seine tatsächliche Herkunft hingegen ist grundverschieden.
Vergessen und übersehen werden hierbei oft die undogmatische Schlichtheit, die Poesie und aufrichtige Geste, die seinen Arbeiten inhärent ist.
Meuser wuchs im Nachkriegsdeutschland im Schatten der Villa Hügel auf. Mitten im leergeräumten und zerbombtem wirtschaftlichen Herzen der jungen Republik.
Bis die Zechen wieder förderten und neuer Stahl floss, musste man aus dem etwas machen, was vorhanden war. Und das war Schrott. Wer da seine Fantasie nicht auf Vordermann bringen konnte, hatte wenig Aussicht auf blühende Landschaften. Die Verbindung des Ruhrgebiets mit Metall war immer elementar. War immer eine klassische Liebe und Notwendigkeit zum Material.
Meuser hängt uns also einen Teil seines Lebens an die Wand und schlägt damit eine persönliche, eben nicht rein satirische Kerbe in unser eingeebnetes, zivilisatorisches Rauschen. Seine Ein- und manchmal eben auch seine Ausladung dazu, ist der Witz aus der Not.
Auch wenn er mittlerweile im vergleichsweise kuscheligen Südwesten lebt und ein international anerkannter Künstler ist; auf seine Art und Weise wandelt er immer noch unter dem „Mond von Wanne-Eickel“. Vielleicht als eigenwilliger, doch aber treuer Heimatdichter seines Reviers, wenn man so will. Sicher aber einfach nur als Meuser.
Stefan Jeske