Freie Assoziation mit konzeptionellem Preisschild

Mitte der 1990er Jahre warb der Kabelfernsehsender Cartoon Network mit einem Werbespot für sein Programm. Die kurze Animation drehte sich um das Konzept eines zusammenhängenden Cartoon-Universums, in dessen Mittelpunkt die Figur Velma stand, die als eine Art „gigantischer Himmelskörper“ dargestellt wurde, „der mit allen lebenden Cartoon-Figuren verbunden ist“. Das Konzept war einfach: Von jeder beliebigen Figur in den Sendungen des Cartoon Network ließ sich der Weg zu Velma zurückverfolgen – eine Art Kleine-Welt-Phänomen für Zeichentrickfiguren.

Damals erschien mir die Velma-zentrierte Sicht dieses Universums nicht überzeugend. Warum sollte das Netzwerk des Cartoon Network aus starren linearen Verbindungen bestehen, die alle zu einem einzigen statischen Kern führen? Wäre es nicht sinnvoller, würde dieses Netzwerk einer sich kreuzenden 3D-Matrix ähneln, die sich ständig verändert und kein festes Zentrum hat? Es schien einfach logischer, dass dieses Universum einem verzweigten Geflecht gleicht – eher dem Internet als einem Rad mit strahlenförmigen Speichen.

Ein ähnlich fluides 3D-Netzwerk stelle ich mir im Kopf von Jonathan Monk vor. Allerdings besteht dieses Geflecht nicht aus Zeichentrickfiguren, sondern aus kunsthistorischen Zitaten und popkulturellen Referenzen, die sich ständig ausdehnen und zusammenziehen und Figuren wie Salvo, Louise Lawler, The Smiths, Martin Kippenberger und die Simpsons zusammen- und auseinanderrücken lassen. In einer Art Freudscher freier Assoziation à la Jonathan Monk entstehen so unerwartete und unkonventionelle Verbindungen.

Das Ziehen einer Parallele zwischen Jonathan Monks Denken und einem ziemlich obskuren Werbespot für das Cartoon Network mag eine ungewöhnliche Art sein, den Text für seine neue Ausstellung Not A Cloud In The Sky (a summer group show) bei Meyer Riegger einzuleiten. Und vielleicht ist diese sehr subjektive Referenz in einem Text, der sich mit Ideen der freien Assoziation beschäftigt, tatsächlich ein wenig zu meta – aber das Konzept eines fluktuierenden 3D-Netzwerks von Berührungspunkten ist zentral für das Verständnis sowohl von Monks Arbeit im Allgemeinen als auch der Ausstellung selbst. Denn wie kommt man von einem Aquarell eines Sonnenuntergangs zu einer AK-47, die in einem bunten Eis steckt, wenn nicht über ein sich kreuzendes Netz überraschender und persönlicher Referenzen? Oder anders gefragt: Wie wird aus einer Serie über Ed Ruscha etwas, das eher an On Kawara erinnert?

Ende der 1990er Jahre lebte Jonathan Monk in Los Angeles. Während seiner Zeit im Golden State entstand die Arbeit None of the Buildings on Sunset Strip (1998/2021) – eine für Monk typische Hommage an Ed Ruschas bahnbrechenden Bildband Every Building on the Sunset Strip (1966). Während Ruscha in seinem Buch alle Gebäude auf dem Sunset Strip dokumentierte, lichtete Monk, ebenfalls im Stil der Schwarz-Weiß-Fotografie, die Lücken zwischen den Gebäuden ab. In den folgenden Jahrzehnten kehrte Monk immer wieder zu Ruscha und dem Sunset Strip zurück, wobei er sich bei jeder Adaption mehr oder weniger stark dem Original annäherte.

In seiner Ausstellung bei Meyer Riegger zeigt Monk eine neue Serie von Sonnenuntergangsbildern. In diesem neuen Werkkomplex scheint jedoch jede Anspielung auf Ed Ruscha verschwunden zu sein – es gibt keine Schwarz-Weiß-Bilder von Gebäuden (oder Nicht-Gebäuden) in Los Angeles. Stattdessen sehen wir Aquarelle der untergehenden Sonne in leuchtenden Farben. Beginnend während eines Urlaubs in Griechenland malte Monk jeden Tag ein Bild und notierte das genaue Datum der Entstehung.

Im Urlaub fühlen wir uns oft so, also ob die üblichen Regeln der Zeit aufgeweicht werden. Und das Beobachten des Sonnenuntergangs während der Ferien (vielleicht von einer Taverne am Strand aus, bei einem Bier oder einem Mastika) kann zu einer Art Orientierungspunkt werden, der das Ende des Tages markiert. In ähnlicher Weise werden Monks Sonnenuntergänge durch die rituelle, alltägliche Produktionsweise des Künstlers zu Aufzeichnungen der Zeit – weit davon entfernt, eine Hommage an Ed Ruscha zu sein, scheinen diese neuen Arbeiten eher On Kawara verpflichtet. Man könnte sie als stilisierte „Date Paintings” deuten, die sich von der asketischen Natur der Typografie gelöst haben, um uns auf fröhliche und farbenfrohe Weise den Lauf der Zeit vor Augen zu führen. Denken wir jedoch über On Kawara hinaus, können wir in Monks fluktuierendem und verschlungenem Bezugssystem einen flüchtigen Blick auf einen achtzigjährigen amerikanischen Künstler erhaschen, der uns zulächelt.

Die in der Ausstellung gezeigten Sonnenuntergangs-Aquarelle werden durch Werke ergänzt, die mehr oder weniger offensichtlich auf Sonnenuntergänge und Sommerferien verweisen – für einige (Après Sun I–V) wurden sogar die physischen Mittel des Urlaubs als Material verwendet. Auch eines von Monks „Holiday Paintings” ist in der Ausstellung zu sehen. Für diese 1992 begonnene Serie malt der Künstler akribisch die handgeschriebenen Angebote für Flüge und Pauschalreisen ab, die in den Schaufenstern von Reisebüros ausliegen. Monk entschied sich dann, die Malereien zum Preis des beworbenen Urlaubs zu verkaufen – eine Arbeit, die etwa eine Reise nach Teneriffa für 199 Pfund anpries, kostete genau so viel. Auf diese Weise stellte Monk die Menschen gewissermaßen vor die Wahl.

Mit diesen „Holiday Paintings” führte Monk seine „konzeptuelle“ Preisgestaltung ein, die charakteristisch für seine Praxis ist. In diesen Serien werden die Preise der Arbeiten nicht unbedingt nach den konventionellen Maßstäben der Kunstwelt (Größe, Material usw.), sondern nach alternativen Kriterien festgelegt. Ein weiteres Beispiel sind seine „Restaurant Drawings”, bei denen der Preis des Kunstwerks dem Preis der Speisen auf der Rechnung entspricht, oder seine „Salvo”-Arbeiten, bei denen sich der Preis nach der Anzahl der Bäume im Werk richtet. Während diese Arbeiten einerseits mit den oft undurchsichtigen Preisstrategien und Wertvorstellungen in der zeitgenössischen Kunst spielen und brechen, handelt es sich andererseits zweifellos auch um den Versuch, den Kunstmarkt zu demokratisieren und mehr Teilhabe zu ermöglichen. Wie viel ist also ein Sonnenuntergang wert? Im konzeptuellen Bezugsrahmen dieser Serie: 1000 Euro.

Mit diesen „€1000 Sunsets” und den anderen (mehr oder weniger) urlaubsbezogenen Arbeiten lädt uns Monk zu einer alternativen Sommerpause bei Meyer Riegger ein (die bei den eigenen Instagram-Followerinnen das gleiche FOMO-Gefühl auslösen wird, wie ein ansprechendes Foto von gepflasterten Straßen und weiß getünchten Häusern auf einer griechischen Insel). Anstatt sich jedoch am Strand zu sonnen oder in den Bergen zu wandern, lädt Monk die Besucherinnen dazu ein, in den wohltuenden Strahlen persönlicher Zitate zu baden und auf den weniger ausgetretenen Pfaden des verwobenen Referenznetzes zu wandern, das den Geist von Jonathan Monk ausmacht.

Text: Lincoln Dexter